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Hermann-Hesse-Biograph Ralph Freedman ist verstorben

Meldung vom 24.05.2016

Der bedeutende Literaturwissenschaftler und Hermann-Hesse-Biograph Ralph Freedman ist am 5. Mai an seinem Wohnsitz in Decatur/Georgia in den USA verstorben. Er hat 1978 in New York die Biographie „Hermann Hesse. Pilgrim of Crisis“ veröffentlicht, die 1982 in der Übersetzung von Ursula Michels-Wenz im Frankfurter Suhrkamp Verlag erschien. Es war die erste vollständige Biographie, die als Lebensbild Einblick in den Menschen Hermann Hesse gab, der alle Schwierigkeiten seines Lebens durch dichterische Darstellung bewältigt und produktiv gemacht hat. Das Feuilleton der „Welt“ schrieb bei Erscheinen: „Im Ganzen gesehen wird diese Biographie als Standardwerk gelten müssen, um das in Zukunft niemand herumkommt, der sich ernsthaft mit Hesse beschäftigen will.“ Eine Voraussage, die sich bewahrheitete. Ralph Freeman wurde 1920 in Hamburg in einer deutschjüdischen Familie geboren und musste unter dem Nationalsozialismus 1939 zunächst nach England und dann in die USA emigrieren, wo er Literaturwissenschaft studierte. 1965 wurde er Professor für Vergleichende Literaturwissenschaft an der Princeton University in New Yersey und lehrte dort über zwei Jahrzehnte. Von seinen zahlreichen Publikationen wurde vor allem auch seine zweibändige Biographie über Rainer Maria Rilke bekannt, die auf deutsch ebenfalls im Suhrkamp Verlag erschienen ist. Mit Hermann Hesse hat sich Ralph Freedman zeitlebens beschäftigt. Immer wieder kam er nach Deutschland, suchte die Schauplätze von Hermann Hesses Leben auf und hielt bemerkenswerte Vorträge, z. B. bei den Hesse-Kolloquien in Calw. In der Internationalen Hermann-Hesse-Gesellschaft gehörte er zu den Gründungsmitgliedern. Seine große Hesse-Biographie schloss Ralph Freedman mit den Worten: „Hesses Verkündung einer Ganzheit, die niemals ganz sein kann, der Ausgestoßenheit, die ihn nach Hause streben, das Zuhause-Sein aber niemals erreichen läßt, taucht bruchstückhaft in vielen seiner Romane, Erzählungen und Gedichte auf. Er selbst, Hermann Hesse, hat diese Botschaft jedoch auf das eindrucksvollste durch sein eigenes Leben weitergegeben, das er von früher Jugend an in Form seiner reichen Korrespondenz überliefert. Es ist dieses Leben, das seinem Kampf den Zusammenhalt verleiht, und diesem Leben vor allem wurde das vorliegende Buch gewidmet. Hinter der Kritik an dem getriebenen und dadurch tief verstehenden Menschen steht die Liebe, die jeder Biograph für seinen Gegenstand empfinden muß.“   HSL, 23. Mai 2016  

Zitat der Woche

„Aus den eifrigsten Jungen werden die besten Alten und nicht aus denen, die schon in der Jugend wie Großväter tun.“

Aus Hesses Roman „Gertrud“, 1910