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Hermann Hesses Leidenschaft für Ruth Wenger

Meldung vom 08.03.2010

In einer Matinee am Sonntag, den 21. März, um 11.15 Uhr lesen im Saal des Hesse-Museums die Münchner Schauspieler Cornelia Bernoulli und Hubert Mulzer aus dem vor kurzem veröffentlichten Briefwechsel zwischen Hermann Hesse und seiner zweiten Frau Ruth Wenger. Hubert Mulzer wird zudem die Lesung durch Klavierstücke von Mozart gliedern. Der Eintritt ist frei. Sie war 20 Jahre jünger als Hesse, sie war attraktiv, sie war begabt als Sängerin und Malerin, und sie war aus gutem Hause – ihre Mutter war die als Märchenerzählerin bekannt gewordene Schriftstellerin Lisa Wenger, ihr Vater der erfolgreiche Stahlwarenfabrikant, der u.a. die berühmten Schweizer Armeemesser produzierte. Ihr erstes Zusammentreffen 1919 im gegenüber von Montagnola gelegenen Bergdorf Carona, wo die Familie Wenger ein Sommerhaus besaß, hat Hermann Hesse in seiner leidenschaftlichen Erzählung „Klingsors letzter Sommer“ geschildert. Hesse war wenige Wochen zuvor, nach dem Ende seiner ersten Ehe mit Mia Bernoulli, von Bern ins Tessin umgezogen. Ein Jahr später wird aus der anfänglichen Freundschaft mit Ruth eine Liebesbeziehung. Und wiederum drei Jahre später legitimiert Hesse diese Beziehung auf Drängen von Vater Wenger durch die Eheschließung. In den Biografien wird diese zweite Ehe Hesses meist recht knapp abgehandelt mit dem Hinweis, dass diese nie richtig in die Gänge gekommen sei, da man z.B. nie eine gemeinsame Wohnung bezogen habe. Der jetzt veröffentlichte Briefwechsel zeigt indes ein anderes Bild: Es wird daraus deutlich, dass Ruth für Hesse als „Muse“ bedeutend war. Und es kann daraus sogar vermutet werden, dass es für beide die leidenschaftlichste Liebe ihres Lebens war, die vielleicht gerade deshalb am Alltagsleben scheiterte. Nach nur drei Ehejahren reichte Ruth 1927 die Scheidung ein. Wie Hesse führte sie danach aber ebenfalls ein weiterhin bemerkenswertes Leben: Sie heiratete 1930 den Schauspieler Erich Haußmann, der später ein Engagement am Berliner Ensemble hatte. Aus dieser gelingenden Ehe ging Ezard Haußmann hervor, der ebenfalls Schaupieler wurde sowie der Vater des heute bekannten Film-Regisseurs Leander Haußmann ist („Sonnenallee“, „Herr Lehmann“). Ruth Wenger starb 1994 im Alter von 97 Jahren in Weimar. Ihr spannungsreicher Briefwechsel mit Hermann Hesse wird nun in Calw von der Schauspielerin Cornelia Bernoulli gelesen, die aus Basel stammt und mit der Familie von Hesses erster Ehefrau Mia Bernoulli verwandt ist. Dabei wird sie im Duett mit dem Schauspieler Hubert Mulzer lesen, der zudem am Klavier musikalische Intermezzi spielen wird. 

Zitat der Woche

„Der Kleinere sieht am Größeren das, was er eben zu sehen vermag.“

Aus Hermann Hesses Roman „Das Glasperlenspiel“, 1943