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Judith Kuckart 36. Stipendiatin der Calwer Hesse-Stiftung

Meldung vom 27.11.2008

Über Tanz und Theater kam sie zum Schreiben. Dies ist ihren Texten durchaus anzumerken, wie im Sparkassen-Casino bei der Begrüßung der neuen Hesse-Stipendiatin Judith Kuckart deutlich wurde. Die in Berlin und Zürich lebende Autorin schaffte es mit ihrem eben bei Dumont erschienenen Roman „die Verdächtige“ auf die Auswahlliste zum Deutsche Buchpreis. Am Sonntag, 30. November, liest Judith Kuckart um 11.15 Uhr im Georgenäum.   Drei Monate lang bewohnt die bereits 36-ste Stipendiatin der von Sparkasse und Südwestrundfunk getragenen Stiftung die „Dichterklause“ im Calwer Ledereck. Der Vorsitzende der Calwer Hermann-Hesse-Stiftung, Dr. Andreas Narr, hieß die Gründerin des Berliner Tanztheaters „Skoronel“ in Calw herzlich willkommen. Gewohnt sprachgewandt stellte der Vorsitzende der Findungskommission, Egbert-Hans Müller, die in Westfalen geborene Schriftstellerin und Regisseurin.   „Die Nominierung Judith Kuckarts für den Deutschen Buchpreis verschafft der Findungskommission einmal mehr die Genugtuung, mit ihrer Entscheidung der Anderer voraus gewesen zu sein.“ Müllers Aufzählung ehemaliger Calwer Hesse-Stipendiaten, die zwischenzeitlich mit höchsten Literaturpreisen bedacht wurden, war lang und eindrucksvoll. Als „einzigartig in der zeitgenössischen deutschen Literaturszene“ adelte Egbert-Hans Müller diese Namensliste.   Mit 14 Jahren beginnt Judith Kuckart ihre Tanzausbildung in der Folkwang-Schule Essen, studiert später Theater- und Literaturwissenschaften in Köln und Berlin. Nach dem Magister und einem Studienaufenthalt in Dresden ist sie 1984 Assistentin von Johannes Kresnik am Theater Heidelberg. Ab 1985 schreibt sie Stücke, tanzt und choreographiert für ihr Tanztheater „Skoronel“, 17 Produktionen entstehen allein 1998. Sie inszeniert am Stadttheater Baden-Baden und im Rahmen der Berliner Festwochen.   Aus der Theatererfahrung heraus schreibt sie, 1990 erscheint ihr erster Roman „Wahl der Waffen“. Im Vierjahres-Abstand folgen „Die schöne Frau“, „Der Bibliothekar“, „Lena Liebe“ und „Kaiserstraße“. „Die Vieldeutigkeit, ja Rätselhaftigkeit vieler Passagen ihrer Texte“ verdanke sich „dem Wunsch, von einem Verborgenen zu erzählen, das nicht enthüllt werden kann, ohne dabei zerstört zu werden.“ Dieses Urteil aus dem Kritischen Lexikon der Deutschen Gegenwartsliteratur bestätigt sich bei der Lesung aus dem neuesten Werk im Calwer Sparkassencasino.   „Es gibt Autoren, die beschreiben über 25 Seiten den Haarknoten einer Frau“, das könne und wolle sie aber nicht. „Mein Text stimmt, wenn ich nichts mehr wegstreichen kann“, beschreibt die Autorin ihre Arbeitsweise. Und man könne sich beim Umstellen eines Textes „selbst überraschen mit dem eigenen Material“. Wie sie denn mit einer negativen Kritik umgehe, wurde Frau Kuckart von der begeisterten Zuhörerschaft nach der Lesung gefragt. Mit fundierter und konstruktiver Kritik könne sie durchaus umgehen. Zuweilen jedoch habe sie den Eindruck, „da hat jemand echt ein Problem, das es jetzt auf einer halben Seite abhandelt, mit meinem Bild dabei.“   Dass sie bei Ortsbeschreibungen meist ihre in der Größe mit Calw vergleichbare Geburtsstadt Schwelm beschreibe, ohne sie beim Namen zu nennen, begründete sie damit. Dass „große Städte oft schon leer geschrieben sind.“ Vielleicht eine Chance für die Hessestadt, in einen künftigen Kuckkart-Test als Vorbild zu dienen.     Das Bild zeigt Hesse-Stipendiatin Judith Kuckart mit dem Vorsitzenden der Findungskommission der Calwer Hermann-Hesse-Stiftung, Egbert-Hans Müller.   Text und Fotos: Andreas Laich

Zitat der Woche

„Der Kleinere sieht am Größeren das, was er eben zu sehen vermag.“

Aus Hermann Hesses Roman „Das Glasperlenspiel“, 1943