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Lesung aus dem Briefwechsel Hermann Hesses mit seinem Sohn Martin

Meldung vom 01.02.2024

Am Samstag, den 6. April 2024, wird es um 17 Uhr im "Dorfträff" in Kirchdorf bei Bern eine Lesung aus dem Briefwechsel zwischen Hermann Hesse und seinem Sohn Martin geben. In Kirchdorf verbrachte Martin Hesse Teile seiner Kindheit und Jugend bei Pflegeeltern. Es liest sein Enkel Martin Siegenthaler zusammen mit seinem Vater Hanspeter Siegenthaler.

Zum Inhalt der Lesung wird mitgeteilt:

"Anfang 2023 erschien der Briefwechsel von Hermann Hesse mit seinem jüngsten Sohn Martin unter dem Titel «Mein lieber Brüdi!» – so lautete der Kosename von Martin Hesse. Hermann Hesse hatte 1919 seine Familie und seine drei Söhne verlassen und war ins Tessin gezogen. Martin Hesse betrieb später in Bern an der Kramgasse ein Fotostudio. Im Lauf der Jahre wurde er zum «Hoffotografen» seines Vaters und erschuf gleichsam dessen Bild für die Nachwelt. Während Hermann Hesse Nähe und Vertrautheit mittels Briefen herstellte, bediente sich der Sohn hierfür des Mediums der Fotografie. Was die Briefe von 1919 bis 1962 zu einer ebenso anrührenden wie packenden Lektüre macht, ist die sich darin spiegelnde, wachsende Nähe und Vertrautheit zwischen Vater und Sohn. Der Briefwechsel zeigt auch, dass Hesse kein Rabenvater war, der sich aus der Verantwortung stahl.

Der Briefwechsel ist nicht nur in biografischer Hinsicht ein Ereignis, denn im Gespräch der beiden Schreibenden entsteht zugleich auch eine Alltagsgeschichte der Schweiz von 1919 bis 1962.

Bei dem mit Hermann Hesse befreundeten Landarztes Dr. E. Ringier in Kirchdorf war der häufig kranke jüngste Sohn Martin (1911-1968) in Behandlung gewesen. Als Hesse 1919 ins Tessin zog, wurden die Ringiers zum Familienersatz. Das Leben in Kirchdorf gefällt ihm gut. Im ersten Brief an seinen Vater schreibt er. «In Kirchdorf ist es schön. Ich danke dir vielmal für die Karte. Grüsse von Martin. Ein Kuss von Martin.» Martin wird nach der Schul- und Ausbildungszeit zu einem bekannten Fotografen. 1944 heiratet Martin die Bibliothekarin Isabelle von Wurstemberger, 1945 wird die Tochter Sibylle geboren.

Dr. Ernst Ringier (1848 – 1913) war der Sohn des Pfarrers Hieronymus Ringier, der 43 Jahre als Pfarrer in Kirchdorf tätig war, sowie ein weit über die Gemeindegrenze hinaus bekannter Landarzt. Er schrieb unter anderem das Buch «Leiden und Freuden eines Landarztes». Ernst und Maria Ringier hatten zwei Töchter und einen Sohn. Die Tochter Johanna Ringier (1877 – 1958) wurde nach Erwerb des Primarlehrerpatentes an die Dorfschule Kirchdorf gewählt, wo sie 26 Jahre amtete. Sie machte auch eine Ausbildung zur Rotkreuzschwester. Zusammen mit ihrer Schwester Alice (1882 - 1935), später alleine, führte sie das Heim weiter, zu welchem das Doktorhaus erweitert wurde.

Zur Herausgabe des Briefwechsels Hermann Hesse - Martin Hesse: Das Buch wurde möglich durch die jahrzehntelange Sammeltätigkeit der Familie Martin Hesses. Nach seinem Tode 1968 begann seine Frau Isabelle von Wurstenberger (1906 – 1990) damit, die Briefe zu sichten und zu ordnen. Die Hesse-Enkelin Sibylle Siegenthaler-Hesse (1945-2019) führte diese Arbeit weiter. Ihr Mann Hanspeter Siegenthaler sowie die Hesse Urenkel Martin und Matthias transkribierten die Briefe. Der als Herausgeber eingesetzte Gunnar Decker (1965) lebt als Autor in Berlin. Der promovierte Philosoph veröffentlichte vielfach gelobte Biografien, u.a. zu Hermann Hesse, Golried Benn, Franz Fühmann und Ernst Barlach. 2016 wurde er mit dem von der Berliner Akademie der Künste verliehenen Heinrich-Mann Preis ausgezeichnet."

Zitat der Woche

„Der Kleinere sieht am Größeren das, was er eben zu sehen vermag.“

Aus Hermann Hesses Roman „Das Glasperlenspiel“, 1943