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Lesung aus Hermann Hesses "In einer kleinen Stadt"

Meldung vom 18.07.2013

Am Freitag, den 26. Juli, ist der „Gerbersauer Lesesommer“ um 19.30 Uhr wieder hoch über der Calwer Altstadt im Großen Saal des Landratsamtes zu Gast. Dabei wird Hermann Hesses sehr aufschlussreiches Romanfragment „In einer kleinen Stadt“ gelesen, umrahmt von abwechslungsreicher Gitarrenmusik.

1906, als Hermann Hesse sich durch seine erfolgreichen Romane „Peter Camenzind“ und „Unterm Rad“ endgültig als Schriftsteller etabliert hatte, begann er unter dem Titel „In einer kleinen Stadt“ einen weiteren Roman zu schreiben, der das Leben in dem poetischen Ort „Gerbersau“ porträtieren sollte, dessen Vorbild seine Heimatstadt Calw war. Der Roman blieb aus unbekannten Gründen unvollendet, aber das hinterlassene Fragment bildet eine interessante Erzählung, die als in sich abgeschlossen betrachtet werden kann.

Im Mittelpunkt stehen der junge Notar Hermann Trefz, der nach dem Tod seines Vaters, des alteingesessenen Notars der Stadt, dessen Amt übernimmt, sowie der Maler und Zeichner Hermann Lautenschlager, ein Außenseiter im gewerbetüchtigen Städtchen.

Die beiden bilden völlig gegensätzliche Pole im gesellschaftlichen Leben der Stadt: Da der ehrgeizige und nach noch mehr Reputation strebende junge Notar, und dort der verträumt in den Tag hinein lebende Künstler, der weiß, dass er nie wirkliches Ansehen in der von Handelsgeschick und Handwerksfleiß dominierten Stadt erreichen kann.

Beide haben den Vornamen Hermann, – es könnte deshalb sein, dass Hermann Hesse in den beiden Figuren durchspielen wollte, was aus ihm wohl geworden wäre, wenn er im Städtchen geblieben wäre, entweder als Nachfolger seines Vaters und Großvaters im Calwer Verlag oder aber als freier ungebundener Künstler.

Wir können das nur vermuten, da Hermann Hesse sich zu seinen Absichten mit diesem Werk nicht geäußert hat. Aber das Romanfragment ist auf alle Fälle ein spannendes Stück Literatur, in welchem das Leben in einer schwäbischen Kleinstadt gegen Ende des 19. Jahrhunderts mit seinen spezifischen Spielregeln kenntnisreich und mit hintergründigem Ernst und Humor porträtiert wird.

Der Text wird bei der Veranstaltung am 26. Juli von dem Stuttgarter Sprecher-Duo Karin Huber und Markus Anders gelesen. Die musikalische Umrahmung gestaltet das Gitarren-Duo Birgit Zacharias und Helmut Rauscher.

Der „Gerbersauer Lesesommer“ endet danach mit zwei weiteren musikalisch umrahmten Lesungen am 2. August im Foyer der Sparkasse in Calw (Thema: „Aus dem Leben des Vagabunden Knulp“) und am 9. August in der Aurelius-Kirche in Calw-Hirsau (Thema: „Zauber der Musik“).

Foto: Calw zu Hermann Hesses Jugendzeit um 1890

Eingestellt vom Kulturbüro Herbert Schnierle-Lutz

Zitat der Woche

„Aus den eifrigsten Jungen werden die besten Alten und nicht aus denen, die schon in der Jugend wie Großväter tun.“

Aus Hesses Roman „Gertrud“, 1910