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Lesung zu Hesses Todestag

Meldung vom 02.08.2010

Am 9. August vor 48 Jahren ist Hermann Hesse in Montagnola gestorben. Am Vorabend hörte er im Radio noch die Mozart-Klaviersonate No. 7 in C-Dur, KV 309. Eben diese Sonate wird am Sonntag, den 8. August, um 19.30 Uhr im Saal des Hesse-Museums in Calw von dem Gitarren-Duo Alexander Lehner und Till Veeh in einer eigens für diesen Anlass erstellten Transkription für Gitarre gespielt. Dazu lesen beim Gerbersauer Lesesommer Karin Huber und Markus Anders Erinnerungen Hermann Hesses an seinen Vater Johannes Hesse, zu dem er ein wechselvolles Verhältnis hatte. Johannes Hesse wurde 1847 im Baltikum im heute zu Estland gehörenden Paide (deutsch: Weißenstein) als Sohn eines Arztes geboren. Auf dem Hintergrund seiner pietistisch orientierten Familie beschloss er nach der Schule, in die christliche Mission zu gehen und absolvierte dazu eine Ausbildung bei der Basler Mission. Als deren Missionar arbeitete er knapp vier Jahre in Indien, bevor er wegen Ruhr und beständiger Kopfschmerzen wieder nach Europa zurück musste, wo er von der Mission dann nach Calw als Gehilfe von Hermann Gundert im Calwer Verlagsverein geschickt wurde. Hier lernte er Gunderts Tochter Marie kennen und lieben. 1874 heirateten sie und bezogen eine Wohnung am Marktplatz gegenüber vom Rathaus. Hier kam Hermann Hesse 1877 als zweites Kind des Paares zur Welt. Johannes Hesse war seinen vier Kindern ein liebevoller Familienvater. Er spielte gerne im Familienkreis und veröffentlichte sogar ein Büchlein darüber. Dennoch gab es auch eine problematische Seite zwischen Hermann Hesse und seinem Vater bzw. seinen Eltern. In einer Erinnerung, die er 1936 anlässlich des Freitodes seines jüngeren Bruders Hans schrieb, heißt es dazu:„Übrigens war meine Erziehung nicht leicht und sanft, trotz der unerschöpflichen Liebeskraft der Mutter und dem ritterlichen, delikaten Wesen des Vaters. Streng und hart waren nicht sie, sondern das Prinzip. Es war das pietistisch-christliche Prinzip, daß des Menschen Wille von Natur und Grund aus böse sei, und daß dieser Wille also erst gebrochen werden müsse, ehe der Mensch in Gottes Liebe und in der christlichen Gemeinschaft das Heil erlangen könne. So lebten wir unter einem strengen Gesetz, das vom jugendlichen Menschen, seinen natürlichen Neigungen, Anlagen und Bedürfnissen sehr mißtrauisch dachte und unsre angeborenen Gaben, Talente und Besonderheiten keineswegs zu fördern oder gar ihnen zu schmeicheln bereit war.“ Gegen dieses Prinzip wehrte sich Hermann Hesse von klein auf, und als er als Jugendlicher andere Vorstellungen von seinen Lebenszielen hatte als die Eltern, kam es zu harten Auseinandersetzungen. Als er dennoch sein Ziel Dichter erreicht hatte, arbeitete er diese Konflikte in Erinnerungen und Erzählungen auf. Nach dem Tod des Vaters 1916 schrieb er auch ein würdigendes Gedenkblatt für diesen.

Zitat der Woche

„Oft ist die Welt schlecht gescholten worden, weil der, der sie schalt, schlecht geschlafen oder zu viel gegessen hatte.“

Aus Hermann Hesses Essay „Zarathustras Wiederkehr“, 1919