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Peter Suhrkamps Erbe - Einblicke in ein ungewöhnliches Archiv

Meldung vom 30.04.2007

Peter Suhrkamp und sein Verlag stehen für den kulturellen Wiederaufbau: Suhrkamp erhielt 1945 die erste Verlagslizenz, sein Programm prägte die geistige Identität der jungen Republik. Der Verleger wirkte im Stillen als Katalysator bei der Entstehung von Werken; er gab Autoren wie Hermann Hesse, Bertolt Brecht und Max Frisch, die intellektuelle Heimat, in der herausragende Literatur entstehen konnte.

Der Archivar Wolfgang Schopf gewährt in seinem Beitrag für Forschung Frankfurt 1/2007 einen spannenden Blick in einige der umfänglichen Materialien, deren wissenschaftliche Erforschung erst in den Anfängen steckt.

Aus den nur grob geordneten Materialien, die in Umzugskisten zum Grüneburgplatz gebracht werden, wächst langsam ein funktionsfähiges Archiv, auf das Wissenschaftler aus dem In- und Ausland immer häufiger zugreifen. Die Peter Suhrkamp Stiftung stellte der Universität in der ersten Phase ein etwa 250.000 Blatt umfassendes Konvolut als Dauerleihgabe zur Verfügung, damit der Verbleib des Bestandes in Frankfurt, seine wissenschaftliche Aufarbeitung und seine Erschließung für die Forschung gewährleistet werden. Dazu gehören heute bereits der Nachlass des Verlagsgründers Peter Suhrkamp sowie sämtliche Korrespondenzen des Verlags, die erhaltenen Manuskripte und Herstellungsunterlagen sowie die Rezensionen der Bücher aus dem ersten Verlagsjahrzehnt bis zur Übernahme der verlegerischen Verantwortung durch Siegfried Unseld im Jahr 1959. Hinzu kommt die Korrespondenz des Insel Verlags mit seinen Autoren von 1945 bis 1963.

Der Großteil der Dokumente lässt sich in drei Gattungen gliedern: die Korrespondenz der Autoren mit dem Verleger oder den Lektoren, in der die Entstehung von Literatur in Perspektive auf den Autor transparent wird, Herstellungsunterlagen (wie Druckfahnen mit Autorenkorrekturen), in denen die vielen Schritte des Manuskripts auf dem Weg zum Buch deutlich werden, und zeitgenössische Rezensionen sowie weitere Reaktionen meinungsbildender Instanzen, womit die Wechselwirkung von Literatur und öffentlichen Diskursen nachvollziehbar wird.

Die Kooperation mit der Stiftung ist langfristig angelegt. Im Abstand von fünf Jahren wird die Peter Suhrkamp Stiftung dem Archiv Dokumente aus den folgenden Dekaden aushändigen: Bis zum Ende dieses Jahres wird das gesamte Material aus den 1950er Jahren dem Archiv übergeben sein, von 2008 bis 2013 folgen dann die Unterlagen aus den 1960er Jahren und so fort. Das Archiv ist administrativ dem Fachbereich Neuere Philologien zugeordnet. Die wissenschaftliche Leitung liegt bei dem Literaturwissenschaftler Prof. Dr. Volker Bohn, das Archiv wird betreut von dem Germanisten Wolfgang Schopf.

In der Aufbauphase genießen die konservatorische Sicherung und die Erschließung der Dokumente Priorität; dennoch steht das Archiv bereits Besuchern offen. Zudem präsentiert das Archiv Teile des Bestands mit der Veranstaltungsreihe „Hauslesung“, die jeweils am letzten Donnerstag des Semesters stattfindet und sich inzwischen zu einem „Jour fixe“ im kulturellen Leben Frankfurts erwickelt hat. Im Mittelpunkt der Hauslesung standen bisher Walter Benjamin, Max Frisch, Hermann Hesse, Wolfgang Koeppen und Marcel Proust.

Werfen Sie einen Blick auf ausgewählte und kommentierte Dokumente des Archivs und lesen Sie in der neuen Ausgabe von „Forschung Frankfurt“ mehr darüber, wie Peter Suhrkamp die Entwicklung der Literatur nach 1945 beeinflusst hat.

Nähere Information: Wolfgang Schopf, Archiv der Peter Suhrkamp Stiftung an der Johann Wolfgang Goethe-Universität, Telefon 069/798 32443, E-Mail schopf@archiv-suhrkamp-stiftung.de

Zitat der Woche

„Wir Menschen sind so beschaffen, dass die eigenen Sorgen und Leiden uns weit ernster erscheinen als fremde.“

Aus einem Brief Hermann Hesses 1935