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Platz in Basel wird nach Hermann Hesse benannt

Meldung vom 25.01.2021

Herbert Schnierle-Lutz

Bisher war die Stadt Basel eher zurückhaltend, wenn es um die Ehrung ihres einstmaligen Mitbürgers Hermann Hesse ging, obwohl dieser insgesamt rund 10 prägende und ereignisreiche Jahre in der Stadt lebte. Jetzt hat sie sich aber entschlossen, zum 75. Jubiläum der Verleihung des Literaturnobelpreises einen Platz in der Stadt nach ihm zu benennen. Das Schild des künftigen „Hermann-Hesse-Platzes“ an der Kleinbasler Rheingasse soll auf seine Bedeutung hinweisen: "Hermann Hesse (1877-1962), Schriftsteller, mehrere Jahre in Basel tätig, Nobelpreisträger für Literatur 1946“.

Hermann Hesse hat insgesamt drei Mal in Basel gelebt. Das erste Mal als 4- bis 9-jähriges Kind. Sein aus dem Baltikum stammender Vater Johannes (1847-1916) war in Basel als Missionar der Basler Mission ausgebildet worden, hatte einige Jahre für die Mission in Indien gearbeitet und war danach aus gesundheitlichen Gründen nach Calw im Nordschwarzwald geschickt worden, um im christlichen Calwer Verlagsverein mitzuarbeiten, der die Mission publizistisch unterstützte. Dort hatte er Marie (1842-1902) , die Tochter des Verlagsleiters, Missionars und Gelehrten Hermann Gundert (1814-1893) kennen gelernt, die er heiratete und mit der er mehrere Kinder bekam, u.a. Hermann Hesse. Als dieser knapp 4 Jahre alt war, wurde Vater Hesse ans Missionshaus in Basel berufen, wo er bei der Missionarsausbildung half und das Missionsmagazin herausgab. Auf diese Weise kam Hermann Hesse 1881 bis 1886 nach Basel mitsamt seiner Familie, für die der Vater damals das Basler Bürgerrecht erwarb. Hier erhielt Hermann Hesse auch seinen ersten Schulunterricht im Knabenhaus der Mission. 1886 ging die Familie dann wieder nach Calw zurück, da der Vater zum Nachfolger des Schwiegervaters in der Leitung des Calwer Verlagsvereins bestimmt wurde.

Das zweite Mal kam Hermann Hesse 1899 als 22-Jähriger nach Basel, nachdem er in Tübingen eine Buchhändlerlehre absolviert hatte. Basel lockte ihn damals mit einer Stelle in der renommierten Reich’schen Buchhandlung in der Freien Straße und außerdem mit Geistesgrößen, die in Verbindung mit der Stadt standen, wie dem Philosophen Friedrich Nietzsche (1844-1900), dem Maler Arnold Böcklin (1827-1901) und dem Kunsthistoriker Jacob Burckhardt (1818-1897), deren Werke ihn faszinierten und mit denen er sich näher befassen wollte. Während dieser Basler Zeit absolvierte Hesse zudem eine Zusatzausbildung zum Antiquar im Antiquariat Wattenwyl im Pfluggässlein. Vor allem aber begann er auch intensiver schriftstellerisch tätig zu werden, nachdem er in seiner Tübinger Zeit bereits erste Werke veröffentlicht hatte. Mit dem nach vier Basler Jahren im renommierten S. Fischer Verlag veröffentlichten Roman „Peter Camenzind“ schaffte er den schriftstellerischen Durchbruch, sodass er seinen Brotberuf aufgeben und sich eine Werkstatt als freier Schriftsteller einrichten konnte, was er dann 1904 mit seiner aus dem Basler Geschlecht der Bernoullis stammenden Frau Mia (1868-1963), die zuvor mit ihrer Schwester in der Basler Bäumleingasse ein Fotoatelier betrieben hatte, in Gaienhofen am Untersee des Bodensees verwirklichte.

Das dritte Mal kam Hermann Hesse in der Mitte der 1920er-Jahren nach Basel. Er lebte damals in Montagnola bei Lugano und heiratete 1924 in zweiter Ehe Ruth Wenger (1897-1994), die Tochter des Delsberger Stahlwarenfabrikanten Theo Wenger und der Schriftstellerin Lisa Wenger. Ruth studierte in Basel Gesang und wohnte während der Studienzeiten in einem Appartement im Hotel Krafft am Rheinufer. Auf diese Weise kam Hermann Hesse zeitweise wieder nach Basel, was ihm in den Wintern 1923/24 und 1924/25 nicht unlieb war, da er so seiner schlecht beheizbaren Wohnung im Tessin entkommen konnte. Er wohnte in Basel allerdings nicht immer im Hotel Krafft bei Ruth, sondern öfters in einer kleinen Mansardenwohnung in der Lothringer Straße 7, in der er an seinem berühmten Roman „Der Steppenwolf“ schrieb. Diese Wohnung ist auch im Roman beschrieben.

Hermann Hesses sehr ereignisreiche Basler Zeiten sowie Spaziergänge auf seinen Spuren durch die Stadt sind ausführlich beschrieben in dem 2017 im Insel Verlag in Berlin erschienenen Band „Auf den Spuren von Hermann Hesse“ (ISBN 978-3-458-36154-1), der ein 80-seitiges Kapitel über Basel enthält und darüber hinaus auch Kapitel zu seinen anderen Lebensstationen Calw, Maulbronn, Tübingen, Gaienhofen, Bern und Montagnola.

Was der 2017 erschienene Band natürlich noch nicht enthält, ist eine Wegbeschreibung zu dem jetzt erst entstehenden „Hermann-Hesse-Platz“ in Basel. Diese sei hier nachgereicht: Der Hermann-Hesse-Platz liegt in Kleinbasel an der Rheingasse / Ecke Reverenzgässlein. Bei der Begründung für die Wahl des Platzes wird angeführt, dass er nicht allzu weit entfernt vom am Rheinufer gelegenen Hotel Krafft sei, das in Hermann Hesses Basler Biografie eine Rolle spielte (siehe oben). Man erreicht den Platz am einfachsten, wenn man bei der prächtigen Mittleren Brücke mit ihrer pittoresken Brückenkapelle den Rhein von Großbasel nach Kleinbasel überquert und dort sofort nach rechts (flussaufwärts) in den am Fluss entlangführenden Oberen Rheinweg einbiegt, auf dem man auch am Hotel Krafft vorbeikommt. Ca. 200 Meter danach geht nach links das Reverenzgässlein vom Rheinufer weg zur Rheingasse, auf der man nach rechts einbiegend nach wenigen Meter den links der Gasse befindlichen Hermann-Hesse-Platz findet.

(HSL)

Zitat der Woche

„Oft ist die Welt schlecht gescholten worden, weil der, der sie schalt, schlecht geschlafen oder zu viel gegessen hatte.“

Aus Hermann Hesses Essay „Zarathustras Wiederkehr“, 1919