Sonderausstellung im Calwer Hesse-Museum eröffnet
Meldung vom 11.03.2016


Groß war der Andrang zur Vernissage der aktuellen Sonderausstellung „Vom Wert des Alters“ im Calwer Hermann-Hesse-Museum. Im Saal der Musikschule, wohin man die Veranstaltung vorsorglich verlegt hatte, reichte der Platz nicht aus, um allen Besuchern eine Sitzgelegenheit zu bieten. „Hier und heute schließt sich der Kreis“, sagte Oberbürgermeister Ralf Eggert zu Beginn der Vernissage, nachdem die Ausstellung bereits in Gaienhofen und in Montagnola zu sehen war. Zum Thema „Vom Wert des Alters“ sagte er: „Es gibt heute so viele ältere Menschen wie nie zuvor, die dazu noch sehr mobil sind und dadurch Erfahrungen und Erlebnisse haben können, die das Leben im hohen Alter ungemein lebenswert machen.“ Nur wenigen gelinge jedoch eine positive Sicht auf den Alterungsprozess. Es tue gut, auf jemanden zu blicken, der diese Stufe auch durchlebt hat. „Bei genauer Betrachtung fällt auf, dass es kaum einen Autor gibt, dem wir so ermutigende Impulse zum Altwerden verdanken wie Hermann Hesse – die im Idealfall dazu führen können, um, wie er es nannte, mit der Reife immer jünger zu werden“, stellte Eggert fest. Museumsleiter Timo Heiler erläuterte die Konzeption und sprach über den tagesaktuellen Bezug der Ausstellung. Auf das Älterwerden, das uns heute unter dem eher negativ besetzten Begriff des demografischen Wandels beschäftigt, habe Hermann Hesse eine prägnante Antwort gefunden: Nicht die negativen Seiten seien zu betonen, sondern die positiven. Hesse sei dankbar für die wachsende Gelassenheit gewesen, für den Schatz an Erfahrungen und für die Zeit, die er geschenkt bekam, um zu arbeiten. „Ärmlich wäre es, sich dem Gefühl des Verfalls hinzugeben“, zitierte Dr. Ute Hübner, Direktorin des Hesse-Museums in Gaienhofen, den Nobelpreisträger. Die von ihr und Günther Troll konzipierte Ausstellung geht in Briefen, Schriften und Fotos der Frage nach: Wie gehe ich mit dem Alter um? Sie beleuchtet das Leben Hesses von seinem 50. Lebensjahr bis zu seinem Tod 1962. „Was mich dabei sehr interessierte, war der Fotograf Martin Hesse, dritter Sohn von Hermann und Maria (Mia) Hesse. In seinem Werk vereinen sich die Talente beider Eltern.“ Er kam 1911 zur Welt und verbrachte seine frühe Kindheit vorwiegend in Bern und, nach der Trennung der Eltern 1919, bei einer Pflegefamilie in Basel. Nach einer Lehre bei einem Architekten begann er am Bauhaus Dessau mit dem Studium der Fotografie. 1968 nahm er sich das Leben. Martin Hesses Fotografien, manche davon erstmals gezeigt, sind nun im Hesse-Museum zu sehen. Sie sind um Aufnahmen ergänzt, die er bei seinem ersten Calw-Besuch gemacht hat. Zusätzlich dokumentieren mit Aquarellen verzierte Originalbriefe aus den Schriftwechseln des Dichters mit seinem Sohn, der Familie und Verlegern, die Altersjahre Hesses. Seine Freude an der Gartenarbeit veranschaulichen sein Gartenoverall samt Stohhut. Sybille Siegenthaler-Hesse, Tochter von Martin Hesse, aus deren Privatarchiv zahlreiche Exponate stammen, war mit ihrem Mann Hanspeter Siegenthaler und Sohn Martin zur Vernissage von Bottmingen bei Basel nach Calw gekommen und beantwortete gern zahlreiche Fragen von Besuchern. etc