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Uwe Kolbe ist der neue Calwer Hesse-Stipendiat

Meldung vom 25.05.2011

„Die Gegend ist von Einfluss hier“ bekannte der weit gereiste neue Hesse-Stipendiat Uwe Kolbe bei der offiziellen Begrüßung in der Calwer Sparkassen-Kundenhalle. Der Wahlberliner weiß dabei, wovon er redet, leitete er doch sechs Jahre lang das Studio Literatur und Theater an der Universität Tübingen. Bis Mitte August wird er nun in der Stipendiaten-Wohnung in Hesses Geburtshaus am Calwer Marktplatz logieren. „Fühlen Sie sich wohl, genießen Sie Land und Leute, lassen Sie sich treiben“, hatte Dr. Andreas Narr, Vorsitzender der Calwer Hesse-Stiftung dem Gast geraten. Narr erinnerte an den langjährigen, inzwischen verstorbenen Vorsitzenden der von Sparkasse Pforzheim Calw und SüdwestRundfunk getragenen Stiftung. Prof. Dr. Bernhard Zeller habe die Stiftung „geprägt und vorangetrieben.“ Die „glänzende Idee“ für ein Aufenthaltsstipendium habe dann Egbert Hans Müller gehabt, der die Ausgezeichneten stets „kompetent, witzig, prägnant“ vorgestellt habe. OB Manfred Dunst betonte, die Hesse-Stiftung sei „für die Stadt eine tolle Sache“ und die beste Werbung. So sei ja auch die Udo-Lindenberg-Stiftung nach Calw gekommen. Und der neue Stipendiat erfuhr vom Stadtoberhaupt, dass er bei „Calw rockt“ am 2. Juli einen kostenfreien Logenplatz habe. Prof. Dr. Thomas Vogel stellte den bereits 41. Gast der Stiftung kompetent und mitreißend vor. Warum und wieso einer Dichter werden wolle, leitete er seine Ausführungen mit einer Frage ein. Die Antworten, die Heinz Erhardt und Hermann Hesse einst formulierten, fielen naturgemäß denkbar unterschiedlich aus. „Uwe Kolbe ist ein Dichter, ein Leben lang schon. Weil er das werden wollte. Und sonst nichts“, attestierte Vogel. Der neue Hesse-Stipendiat gehöre „zu den von den Musen mehrfach geküssten Poeten.“ Uwe Kolbe sei nicht nur ein längst renommierte Dichter, sondern auch „ein begnadeter Rezitator“ seiner Werke. „Ohne Allüren und ganz unpathetisch ist sein Auftritt, durch eine subtile Gradwanderung zwischen prosaischem Ton und lyrischer Leichtigkeit begeistert er sein Publikum.“ Wie exakt Vogel damit den vielfach ausgezeichneten Dichter beschrieben hatte, wurde bei dessen anschließendem Auftritt deutlich. Uwe Kolbe wurde 1957 in Berlin geboren und kam als 30-Jähriger in den Westen. Den Mauerfall 89 erlebte er in Texas am Fernseher und bemerkte: „Ich fühlte mich zuallererst um das Fest meines Lebens betrogen.“ Seit den 80er-Jahren machte er sich mit zahlreichen Publikationen als Schriftsteller, Lyriker und Essayist einen Namen, erhielt 1993 den Hölderlinpreis der Stadt Tübingen. Viele weitere Auszeichnungen folgten – unter anderem Stipendiat der Villa Massimo in Rom, Writer in Residence in Ohio, Pennsylvania. Die bereits erwähnte Arbeit am Tübinger Literaturstudio war für ihn „auch eine Begegnung mit der Tradition der Schwäbischen Dichterschule“, führte Prof. Vogel weiter aus. Kolbe habe dort bewiesen, „dass der Musenkuss zwar ne schöne Sache ist, dass danach aber zu 99 Prozent die Arbeit folgt.“ Denn „Genie ist eine Sache, handwerkliches Vermögen eine andere.“ Uwe Kolbe habe es verstanden, aus dem Studio für Literatur und Theater eine „Kaderschmiede für angehende Dichter“ zu machen. Unter ihnen auch die ehemalige Hesse-Stipendiatin Ursula Krechel. Als „quirliger und kreativer Lehrer und Dichter“ habe er in Tübingen seine Spuren hinterlassen. Was macht nun das Werk dieses „Dichters des Unterwegsseins“ aus? Vielleicht sei er ja „jenem romantischen Vagabunden nicht unähnlich“, der in Kolbes neuen Gedichtband „Heimliche Feste“ seine ferne Geliebte besingt, vermutet Thomas Vogel. Den Calwern jedenfalls riet der Laudator, Uwe Kolbe so lange festzuhalten, „bis er Ihnen auf die Frage, warum er Dichter werden wollte, vielleicht werden musste, eine schlüssige Antwort gibt.“ Am 17. Juli liest Uwe Kolbe um 11.15 Uhr im Calwer Hermann-Hesse-Museum und wird die oben gestellte Frage womöglich beantworten. Foto und Text: Andreas LaichQuelle: Pressebüro et cetera

Zitat der Woche

„Der Reiche könnte wohl, aber er kann nicht.“

Aus Hermann Hesses Betrachtung „Kleine Freuden“, 1899