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Vortrag in Bad Boll über Hermann Hesses Zeit 1892 im dortigen Kurhaus

Meldung vom 30.05.2023

Das Kurhaus in Bad Boll Mitte des 19. Jahrhunderts

Am 13. Juli hält Albrecht Esche im Ev. Gemeindehaus in Bad Boll um 19.30 Uhr einen Vortrag zum Thema: "'Selige Wochen in Boll' – Der junge Hermann Hesse im Kurhaus Bad Boll bei Christoph Blumhardt".

Albrecht Esche ist in Calw geboren und war lange Zeit als Theologe und Literaturwissenschaftler Studienleiter an der Ev. Akademie Bad Boll, wobei er sich auch immer wieder mit Hermann Hesse beschäftigte. Zu seinem Vortrag schreibt er:

"Im 19. Jahrhundert war Bad Boll eine Art protestantisches Lourdes, weil zahllose Menschen im Kurhaus bei Vater und Sohn Blumhardt Heilung und Lebenshilfe suchten. Zu den Besuchern gehörten auch bedeutende Persönlichkeiten der Literaturgeschichte, wie der spätere Dichter Hermann Hesse, der dort als 14-Jähriger „selige Wochen“ verbrachte, die allerdings unselig endeten.

Als er der klösterlichen Maulbronner Internatszeit „Unterm Rad“ entlaufen war und seinen Eltern in Calw weiterhin nur Kummer machte, landete der genial-pubertierende Knabe 1892 in Bad Boll. Christoph Blumhardt galt als letzter Rettungsanker, um den schwererziehbaren Jugendlichen auf den rechten Weg zu bringen. So jedenfalls erhofften es die hilflosen Eltern und so stellte es der berühmte Pfarrer in Aussicht: „Gerne bin ich bereit, Ihren Sohn aufzunehmen und mit wärmster Teilnahme werde ich mich seiner annehmen…“. Aber alles kam ganz anders.

Hermann Hesse strandete wenig später in Stetten, der „Heil- und Pflegeanstalt für Schwachsinnige und Epileptische“, in der er beinahe zugrunde ging. Gerettet hat ihn wohl seine Gabe, die Auseinandersetzung mit den Eltern, dem Christentum, der ganzen damaligen Gesellschaft und Welt in Briefen niederzuschreiben, die an Wucht und Dramatik ihresgleichen in der Literaturgeschichte suchen.

13 Jahre nach dem kurzen Aufenthalt in Bad Boll verfasst der nun schon arrivierte Dichter eine Novelle mit dem Titel „Heumond“ (das altdeutsche Wort für Juli). Darin beschreibt er nicht nur die Örtlichkeit des Boller Kurhauses, sondern auch das erste erotische Erwachen des jungen Paul, der einer 26-jährigen Thusnelde begegnet. Hesse verarbeitet dabei – wie in allen seinen Schriften – eigene Erlebnisse, die ihn in Bad Boll bis an den Rand des Abgrunds führten.

Gerade der literarische Niederschlag existenzieller Grenzerfahrungen macht die bleibende Faszination des Dichters und seines Werks aus."

Zitat der Woche

„Etwas lieben können – welche Erlösung!“

Aus Hesses Erzählung „Klein und Wagner“, 1919