Zum 100. Geburtstag von Peter Weiss
Meldung vom 16.11.2016


In diesem Monat jährt sich der Geburtstag des 1982 in Stockholm verstorbenen Schriftstellers und Malers Peter Weiss zum hundersten Mal. Für dessen künstlerische Entwicklung hatte Hermann Hesse eine ganz besondere Bedeutung. Als Student korrespondierte Peter Weiss mit Hesse und lebte auf dessen Einladung auch einige Zeit in Montagnola. Ihr Briefwechsel und Verhältnis ist in einem 2009 im Suhrkamp Verlag erschienenen Band mit dem Titel "Verehrter großer Zauberer" dokumentiert. Der Briefwechsel zwischen dem 20-jährigen Peter Weiss und Hermann Hesse beginnt 1937. Der junge angehende Künstler bittet in einem ersten Brief um die Beurteilung eines mitgesandten selbst illustrierten Manuskriptes und er erhält von seinem "Meister“ Antwort und aufmunternden Rat. Im Sommer 1937 verbringt Peter Weiss auf Einladung von Hermann Hesse einige Wochen in Montagnola. Er wohnt in einer Mansardenwohnung in der Casa Camuzzi und lebt ganz auf den Spuren Klingsors. Nach Zuspruch und Vermittlungshilfe Hermann Hesses beginnt Peter Weiss im September ein Studium als Maler an der Prager Kunstakademie. Im September des folgenden Jahres reist er noch einmal zusammen mit zwei Freunden in das Tessin. Peter Weiss mietet erneut eine Wohnung, diesmal in Carabietta, und bleibt bis zum Januar 1939. Um ihn finanziell zu unterstützen, beauftragt Hermann Hesse ihn mit der Illustration eigener Texte, z.B. von „Kindheit des Zauberers“. Im Oktober 1938 besetzt die deutsche Wehrmacht das Sudetenland, wo die Familie Weiss wohnt. Da der Vater Jude ist, emigrieren die Eltern sofort nach Schweden. Peter Weiss selbst hat keine Möglichkeit, in der Schweiz bleiben zu können. Ende Januar 1939 verlässt er das Land und reist zu seiner Familie nach Schweden. Der sich anschliessende Briefwechsel mit Hermann Hesse ist zunächst von grosser Intensität, klingt dann aber langsam ab und schläft nach 1944 ein. Erst fünfzehn Jahre später erfolgt ein erneuter kurzer Gedankenaustausch, als Hermann Hesse sich sehr lobend über die Arbeiten von Peter Weiss „Abschied von den Eltern“ und „Der große Traum des Briefträgers Cheval“ äußert. Nach 23 Jahren kommt es zu einer letzten persönlichen Begegnung: Ein Besuch in der Casa Rossa am 23. Januar 1962, bei dem Peter Weiss jedoch keine wirkliche Nähe zu dem immer noch „hochverehrten Meister“ erlebt und der in ihm Verwirrung und Traurigkeit hinterlässt. Eine letzte tiefgefühlte Gratulation zum 85. Geburtstag Hermann Hesses und dessen bald darauf erfolgender Tod lösen das Lehrling-Meister-Verhältnis endgültig auf. Herbert Schnierle-Lutz