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Catalin Dorian Florescu

Hesse-Stipendiat Catalin Dorian Florescu mit Stiftungs-Vorsitzendem Dr. Andreas Narr und Sparkassen-Filialdirektor Alexander Dippold (v.l.).
Catalin Dorian Floresco wurde als Hesse-Stipendiat in Calw begrüßt
SPK

„Er redet von ‚Kalb‘, ist also schon sehr gut geerdet in der Stadt.“ Mit diesem Lob hieß Stiftungs-Vorsitzender Dr. Andreas Narr den Hesse-Stipendiaten Catalin Dorian Florescu herzlich willkommen. Der Wahleidgenosse selbst bedankte sich so originell wie er seine wortgewaltigen Romane verfasst: mit einer Schachtel Schweizer Pralinen.

Die Calwer Hermann-Hesse-Stiftung fördere zwar „schon gestandene Schriftsteller, aber selten haben wir ein so junges Gesicht hier gesehen“, bemerkte Andreas Narr. Und der Stiftungsvorsitzende hofft, dass auch der 47. Stipendiat wieder „eine kleine literarische Spur“ über Calw hinterlässt. „Sind Schriftsteller, die keinen Beitrag geliefert haben, jetzt im Gefängnismuseum?“ bewies der so Angesprochene prompt seine Schlagfertigkeit. Im Namen der Stadt hieß Felicitas Hartmann, Leiterin der Calwer Museen, den vielfach ausgezeichneten Gast willkommen. Entgegen ihrem Ruf, so habe auch sie festgestellt, seien die Calwer „freundlich, herzlich und aufgeschlossen.“

Catalin Florescu griff den Faden seines von Felicitas Hartmann vorgetragenen Textes über eine Bücherwand bereitwillig auf und erzählte, schon als Junge sei er im Heimatland Rumänien ein begeisterter Leser gewesen. Bei der Flucht mit den Eltern in den Westen seien 1982 „alle Helden meiner Jugend zurück im Schatten der Wohnung geblieben.“ Eine Formulierung, die typisch für die bildstarke, durchaus auch am Kino geschulte Sprache des Psychologen ist.

In der Schweiz dann habe er viele Jahre bewusst nicht Dialekt gesprochen, denn „Fremde kann Entfremdung schaffen, aber ich blieb ganz nah bei mir.“ Erst nach über einem Jahrzehnt dann begann Florescu auch Schwyzerdütsch zu sprechen. Aber den Blickwinkel des Beobachters hat sich der freie Schriftsteller auch in der Schweiz bewahrt. Denn „kritisches Denken darf dort nicht aufhören, wo Wohlstand beginnt.“

Den Stoff für seine Romane, zuletzt „Zaira“ und – mit Kritikerlob überhäuft – „Jacob beschließt zu lieben“, sammelt Florescu noch immer im Osten. „Dort sind die Geschichten einfach saftiger, voll magischem Realismus.“ In Zürich dagegen könne er sich „den Teufel im Turm nicht vorstellen“, machte der Schweizer Buchpreisträger 2011 deutlich. Als „Gegenentwurf zu dem, was Hertha Müller macht“, sieht der Hesse-Stipendiat selbst seine Arbeit. Alle Protagonisten in seinen Büchern suchten ein würdigeres Leben.

Im Casino der Sparkasse in Calw trug Florescu aus seinem 2008 erschienenen Roman „Zaira“ vor, der abenteuerlichen Lebens- und Liebesgeschichte einer in Rumänien beliebten Puppenspielerin. Kraftvoll, sinnlich und warm zeichnet der seit 1982 in Zürich wohnhafte Autor schlaglichtartig – ähnlich den Rückblenden in epischen Kinofilmen – das unglaubliche Lebensbild einer starken Frau zwischen Ost und West. „Die erste schwindelerregende Reise meines Lebens ging durch meine Mutter“ lässt Florescu die Hauptperson erinnern. Mit der Schilderung des Kleinen im Alltäglichen schafft der Autor in vielen Szenen einen wunderbaren Erzählbogen. „Dieser Roman ist ein Meisterstück: Er zeigt einen weltkundigen Autor, der farbig zu erzählen weiß und über seine Mittel souverän und mit klugen Kunstverstand verfügt“, war in der Luzerner Zeitung zu lesen.

Andreas Laich

Foto: Hesse-Stipendiat Catalin Dorian Florescu mit Stiftungs-Vorsitzendem Dr. Andreas Narr und Sparkassen-Filialdirektor Alexander Dippold (v.l.).

Zitat der Woche

„Was des einen Mensch Schatz und Weisheit ist, klingt den andern immer wie Narrheit.“

Aus Hermann Hesses Erzählung „Die Morgenlandfahrt“, 1930/31