Hartmut Lange
„Hartmut Lange hat eine Novellengattung ganz eigener Art geschaffen: Er schweißt Dinge und Personen zusammen, die eigentlich nicht zusammen gehören, und erzeugt dadurch Grotesken, die von der Traurigkeit des Lebens künden.“ Dieses Zitat von Wolfgang Lückel (Buchjournal) bringt auf den Punkt, was die Zuhörer einer kleinen Lesung mit dem neuen Hesse-Stipendiaten Hartmut Lange im Casino der Sparkasse in Calw erlebten.
Mitglieder und Förderer der Calwer Hermann-Hesse-Stiftung, getragen von SüdwestRundfunk und Sparkasse Pforzheim Calw, hießen den gefeierten Novellisten und seine Ehefrau willkommen. Bis Ende November wird der bereits 26-ste Hesse-Stipendiat die bereits zu einiger literarischer Berühmtheit gelangte „Dichterklause“ im Calwer Ledereck bewohnen. „Wir legen Ihnen die Stadt ans Herz“, sagte Stiftungsvorsitzender Dr. Eugen Schmid in seiner Begrüßung. Findungskommissions-Vorsitzender Egbert-Hans Müller stellte den Autor vor. Hartmut Lange, der heute abwechselnd in Umbrien in der Nähe von Assisi und in Berlin lebt, erblickte 1937 in Berlin-Spandau als Sohn eines Metzgers das Licht der Welt. Das Dramartugie-Studium an der Filmkunst-Hochschule musste er im dritten Jahr abbrechen. Basierend auf seinen Erfahrungen als Gleisarbeiter schrieb er sein erstes Stück, „Senftenberger Erzählungen oder Die Enteignung“. Die angekündigte Aufführung fand nicht statt, brachte Lange aber eine Anstellung als Dramaturg am Deutschen Theater in Ost-Berlin, wo er Peter Hacks’ Meisterschüler wurde. Mit seiner politischen Komödie „Marski“ gelang ihm der Durchbruch. Noch vor der Uraufführung kehrte er von einer Reise nach Jugoslawien nicht in die DDR zurück.
In West-Berlin führte Hartmut Lange als linker Dramatiker die Brechtsche Tradition weiter. Doch Ende der siebziger Jahre begann sein Glaube an den Rationalismus zu zerfallen. Das Theater bot ihm nicht mehr die Gestaltungsmöglichkeiten für das, was er ausdrücken wollte. Er entdeckte für sich die Novellenform und wird heute in seiner Thematik als Nachkomme Heinrich von Kleists gesehen. „Hartmut Lange ist nicht nur einer der letzten großen Meister der Novelle, sondern auch ein Virtuose des bis ins kleinste Detail geschliffenen Stils,“ bemerkte Peter Mohr im Mannheimer Morgen.