• Change Language:
  • English version is coming soon.

Jan Peter Bremer

Jan Peter Bremer
Andreas Laich

Mit acht Atemzügen habe er nach seiner Ankunft die Innenstadt durchquert, meinte der Berliner Gast nach seinen ersten Eindrücken von Calw befragt scherzhaft. Ebenso wie der Namensgeber der Stiftung, beschloss auch der aktuelle Hermann-Hesse-Stipendiat bereits im Alter von 13 Jahren, dass er Schriftsteller werden wolle. Mit dem Schreiben, so berichtete Jan Peter Bremer bei einer gut besuchten Lesung im Haus Schüz, habe er für sich etwas entdeckt, durch das er „als Mensch gewachsen“ sei: „Es war wie eine kleine Explosion im Kopf, das Leben wurde einfacher für mich.“

Schon sechs Wochen – „nicht dass ich die Tage zählen würde“ – war Jan Peter Bremer zum Zeitpunkt der Lesung Gast der Calwer Hermann-Hesse-Stiftung. Und er versicherte Moderator Herbert Schnierle-Lutz, sich „mittlerweile sehr wohl in Calw“ zu fühlen. Zahlreiche Kontakte hatte er schon geknüpft und brachte sich auch im Arbeitskreis Asyl ein.

„Ein Glück, dass ich mit diesem Buch den Zeitgeist getroffen habe“, bekannte der Familienvater, der zur Lesung in Calw von Ehefrau und Sohn begleitet wurde. Und dieses Buch war sein 2011 erschienener, mehrfach ausgezeichneter Erfolgsroman „Der amerikanische Investor“. Rund 40 Minuten trug Jan Peter Bremer die Eingangssequenz seines Romans über die Gefährdung liebgewordener Lebensumstände im Berlin vor. Geistreich, ironisch, präzise, faktenreich und zugleich elegant schildert Bremer die Geschehnisse aus Sicht des Protagonisten, der unverkennbar autobiografische Züge trägt. So gelingt ihm, die schwierigen Umstände des Miet- und Schriftstellerwesens in der Bundeshauptstadt nacherlebbar zu machen. Dass er immer wieder mit Franz Kafka verglichen wird, verwundert angesichts der Ausgesetztheit der Hauptfigur nicht. Im Gegensatz zu Kafka zeichnet Bremer jedoch eine humorvolle Leichtigkeit nicht ohne Tiefgang aus.

Sätze, „die völlig planlos in der Landschaft seines Notizbuches herumliegen“, schreibt Jan Peter Bremer an einer Stelle. Und im Gespräch nach der mit viel Beifall bedachten Lesung bekannte der sympathische 46-jährige Autor, „mir fehlt bis jetzt eine tragbare Strategie, mit dieser Leere des Schriftstellers umzugehen.“ Ideen würden bei ihm nicht im stillen Kämmerlein gedeihen, sondern durch die Begegnung mit Menschen angeregt.

Auch nach seinem Umgang mit den Namensgebern seiner zahlreichen Auszeichnungen – Bachman, Born, Döblin, Mörike – wurde der Hesse-Stipendiat gefragt. Er versuche, „eine Nähe zu diesen Schriftstellern herzustellen, deren mit dem eigenen Werk abzugleichen.“ Aber von Alfred Döblins Arbeiten sei er „ungeheuer genervt“ gewesen. „Ich glaube, nichts was er geschrieben hat, hat er je wieder gelesen.“ „Berlin Alexanderplatz“ hingegen sei „ein echter Wurf“ gewesen, „da lärmt die Stadt drum herum.“

Die Besucher werden die Einschätzung von Christa Linsenmaier-Wolf, die Jan Peter Bremer bei der Begrüßung in der Calwer Sparkasse treffend skizziert hatte, sicher zustimmen: „Eine sehr eigene, außergewöhnliche und unverwechselbare Stimme in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur.“

Andreas Laich

Zitat der Woche

„Wir Menschen sind so beschaffen, dass die eigenen Sorgen und Leiden uns weit ernster erscheinen als fremde.“

Aus einem Brief Hermann Hesses 1935