„Die Gegend ist von Einfluss hier“ bekannte der weitgereiste Hesse-Stipendiat Uwe Kolbe bei der offiziellen Begrüßung in Calw. Der Wahlberliner weiß dabei, wovon er redet, leitete er doch sechs Jahre lang das Studio Literatur und Theater an der Universität Tübingen.
Prof. Dr. Thomas Vogel stellte den bereits 41. Gast der Stiftung kompetent und mitreißend vor. „Uwe Kolbe ist ein Dichter, ein Leben lang schon. Weil er das werden wollte. Und sonst nichts“, attestierte Vogel. Der Hesse-Stipendiat gehöre „zu den von den Musen mehrfach geküssten Poeten.“ Uwe Kolbe sei nicht nur ein längst renommierter Dichter, sondern auch „ein begnadeter Rezitator“ seiner Werke. „Ohne Allüren und ganz unpathetisch ist sein Auftritt, durch eine subtile Gradwanderung zwischen prosaischem Ton und lyrischer Leichtigkeit begeistert er sein Publikum.“
Uwe Kolbe wurde 1957 in Berlin geboren und kam als 30-Jähriger in den Westen. Den Mauerfall 89 erlebte er in Texas am Fernseher und bemerkte: „Ich fühlte mich zuallererst um das Fest meines Lebens betrogen.“ Seit den 80er-Jahren machte er sich mit zahlreichen Publikationen als Schriftsteller, Lyriker und Essayist einen Namen, erhielt 1993 den Hölderlinpreis der Stadt Tübingen. Viele weitere Auszeichnungen folgten – unter anderem Stipendiat der Villa Massimo in Rom, Writer in Residence in Ohio, Pennsylvania.
Die bereits erwähnte Arbeit am Tübinger Literaturstudio war für ihn „auch eine Begegnung mit der Tradition der Schwäbischen Dichterschule“, führte Prof. Vogel weiter aus. Kolbe habe dort bewiesen, „dass der Musenkuss zwar ne schöne Sache ist, dass danach aber zu 99 Prozent die Arbeit folgt.“ Denn „Genie ist eine Sache, handwerkliches Vermögen eine andere.“ Uwe Kolbe habe es verstanden, aus dem Studio für Literatur und Theater eine „Kaderschmiede für angehende Dichter“ zu machen. Unter ihnen auch die ehemalige Hesse-Stipendiatin Ursula Krechel. Als „quirliger und kreativer Lehrer und Dichter“ habe er in Tübingen seine Spuren hinterlassen.
Was macht nun das Werk dieses „Dichters des Unterwegsseins“ aus? Vielleicht sei er ja „jenem romantischen Vagabunden nicht unähnlich“, der in Kolbes neuen Gedichtband „Heimliche Feste“ seine ferne Geliebte besingt, vermutet Thomas Vogel. Den Calwern jedenfalls riet der Laudator, Uwe Kolbe so lange festzuhalten, „bis er Ihnen auf die Frage, warum er Dichter werden wollte, vielleicht werden musste, eine schlüssige Antwort gibt.“
Andreas Laich