„Untrüglicher Instinkt und genaue Analytik“ werden den Arbeiten von Jochen Schimmang zugebilligt, dem 48. Stipendiaten der Calwer Hermann-Hesse-Stiftung. Der in Ostfriesland aufgewachsene Wahl-Oldenburger wurde in der Kundenhalle der Sparkasse in Calw von Vertretern der Stadt, der Stiftung und zahlreichen Bürgern willkommen geheißen.
Der stellvertretende Sparkassen-Vorstandsvorsitzende Hans Neuweiler wünschte dem vielfach ausgezeichneten Autor einen „schönen, inspirierenden, kreativen Aufenthalt“. Stiftungsvorsitzender Dr. Andreas Narr meinte, „der Stipendiat soll hier in Calw auch ankommen, soll Stadtgespräch sein.“ Und Oberbürgermeister Ralf Eggert wagte aus aktuellem Anlass einen Ausflug in die Welt der Teilchen-Physik und formulierte, Schriftsteller würden mit ihren Texten die Menschen durchdringen wie das Higgs-Bosom.
Brillant und humorvoll stellte Jutta Bendt, Leiterin der Bibliothek am Deutschen Literaturarchiv Marbach und Vorsitzende der Findungskommission, den 1948 in Niedersachsen geborenen Stipendiaten vor. Ab 1958 lebte die Familie in Ostfriesland – „und immer wieder begegnen uns diese Landschaften und ihre Leute, biographische Elemente in seinen Büchern“, machte Jutta Bend deutlich. 1979 erschien Schimmangs Debütroman „Der schöne Vogel Phönix“ – Bendt: „Für viele von uns ein lebenswichtiger Entwicklungsroman“, – in dem er seinen Studienzeit in Berlin verarbeitete. Nach wechselnden Wohnorten, darunter auch Balingen, zehn Jahre Köln und ein Jahr Paris, lebt der Hesse-Stipendiat seit 2005 mit seiner Frau in Oldenburg.
Jochen Schimmangs Oeuvre umfasst bislang 9 Romane, darunter – vielbesprochen und gelobt – „Das Beste, was wir hatten“ (2009), „Neue Mitte“ (2011), sowie vier Erzählbände. Außerdem zahlreiche Beiträge und Essays für Anthologien und Zeitschriften, „unendlich viele“ Buchbesprechungen, aber auch ungezählte Arbeiten für den Rundfunk als Rezensent und Hörspielautor. Ganz neu, erst im August erschienen, ist Schimmangs Biografie über Christian Morgenstern. „Die Protagonisten seiner Bücher und Erzählungen bleiben im Gedächtnis vor allem aber als Reisende, Spaziergänger, Beobachtende, Erinnernde, als Leser und Cineasten“, stellte Jutta Bendt fest. Und „Jochen Schimmangs Romane lesen heißt Bücher über Menschen lesen, die selber viel und gerne lesen.“ „Sie zu lesen lässt von uns alles Hastige abfallen“, attestierte Jutta Bendt.
Wie klug und spannend dies dem „Archivar der verschwindenden Dinge“ gelingt, stellte er in der abschließenden Lesung aus seinem Wendezeitroman „Das Beste, was wir hatten“ unter Beweis.
Andreas Laich