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Judith Kuckart

Judith Kuckart, Mitte, mit v.l. Hesse-Experte Herbert-Schnierle Lutz, Stiftungsvorsitzender Dr. Andreas Narr,Geschäftsführerin Elke Ruff.
Judith Kuckart wurde als Hesse-Stipendiatin in Calw begrüßt
SPK

Über Tanz und Theater kam sie zum Schreiben, dies ist ihren Texten durchaus anzumerken. Die in Berlin und Zürich lebende Autorin schaffte es mit ihrem eben bei Dumont erschienenen Roman “die Verdächtige” auf die Auswahlliste zum Deutschen Buchpreis.
Judith Kuckart folgte als 36. Stipendiatin der Einladung nach Calw. Der Vorsitzende der Calwer Hermann-Hesse-Stiftung, Dr. Andreas Narr, hieß die Gründerin des Berliner Tanztheaters “Skoronel” herzlich willkommen. Gewohnt sprachgewandt stellte der Vorsitzende der Findungskommission, Egbert-Hans Müller, die in Westfalen geborene Schriftstellerin und Regisseurin vor.

“Die Nominierung Judith Kuckarts für den Deutschen Buchpreis verschafft der Findungskommission einmal mehr die Genugtuung, mit ihrer Entscheidung der Anderer voraus gewesen zu sein.” Müllers Aufzählung ehemaliger Calwer Hesse-Stipendiaten, die zwischenzeitlich mit höchsten Literaturpreisen bedacht wurden, war lang und eindrucksvoll. Als “einzigartig in der zeitgenössischen deutschen Literaturszene” adelte Egbert-Hans Müller diese Namensliste.

Mit 14 Jahren beginnt Judith Kuckart ihre Tanzausbildung in der Folkwang-Schule Essen, studiert später Theater- und Literaturwissenschaften in Köln und Berlin. Nach dem Magister und einem Studienaufenthalt in Dresden ist sie 1984 Assistentin von Johannes Kresnik am Theater Heidelberg. Ab 1985 schreibt sie Stücke, tanzt und choreographiert für ihr Tanztheater “Skoronel”, 17 Produktionen entstehen bis zur Auflösung 1998. Sie inszeniert am Stadttheater Baden-Baden und im Rahmen der Berliner Festwochen.

Aus der Theatererfahrung heraus schreibt sie, 1990 erscheint ihr erster Roman “Wahl der Waffen”. Im Vierjahres-Abstand folgen “Die schöne Frau”, “Der Bibliothekar”, “Lena Liebe” und “Kaiserstraße”. “Die Vieldeutigkeit, ja Rätselhaftigkeit vieler Passagen ihrer Texte” verdanke sich “dem Wunsch, von einem Verborgenen zu erzählen, das nicht enthüllt werden kann, ohne dabei zerstört zu werden.” Dieses Urteil aus dem Kritischen Lexikon der Deutschen Gegenwartsliteratur bestätigt sich bei der Lesung aus dem neuesten Werk im Calwer Sparkassencasino.

“Es gibt Autoren, die beschreiben über 25 Seiten den Haarknoten einer Frau”, das könne und wolle sie aber nicht. “Mein Text stimmt, wenn ich nichts mehr wegstreichen kann”, beschreibt die Autorin ihre Arbeitsweise. Und man könne sich beim Umstellen eines Textes “selbst überraschen mit dem eigenen Material”. Wie sie denn mit einer negativen Kritik umgehe, wurde Frau Kuckart von der begeisterten Zuhörerschaft nach der Lesung gefragt. Mit fundierter und konstruktiver Kritik könne sie durchaus umgehen. Zuweilen jedoch habe sie den Eindruck, “da hat jemand echt ein Problem, das es jetzt auf einer halben Seite abhandelt, mit meinem Bild dabei.”

Dass sie bei Ortsbeschreibungen meist ihre in der Größe mit Calw vergleichbare Geburtsstadt Schwelm beschreibe, ohne sie beim Namen zu nennen, begründete sie damit. Dass “große Städte oft schon leer geschrieben sind.” Vielleicht eine Chance für die Hessestadt, in einen künftigen Kuckart-Test als Vorbild zu dienen.

Text: Andreas Laich

Foto: Judith Kuckart, Mitte, mit v.l. Hesse-Experte Herbert-Schnierle Lutz, Stiftungsvorsitzender Dr. Andreas Narr,Geschäftsführerin Elke Ruff.

Judith Kuckart.pdf

Zitat der Woche

„Etwas lieben können – welche Erlösung!“

Aus Hesses Erzählung „Klein und Wagner“, 1919