Ursula Krechel
„Fulminante intellektuelle wie sinnliche Poesie“
Dr. Ursula Krechel als Stipendiatin der Calwer Hermann-Hesse-Stiftung
In der NZZ wurde sie für ihre „fulminante intellektuelle wie sinnliche Poesie“ gefeiert. Die in Berlin lebende Lyrikerin Dr. Ursula Krechel ist bereits 30ste Stipendiatin der Calwer Hermann-Hesse-Stiftung. Vertreter und Förderer hießen die Poetin im Calwer Casino der Sparkasse Pforzheim Calw, die neben dem SüdwestRundfunk Trägerin der Stiftung ist, willkommen. Ursula Krechel, neben Hesse übrigens auch begeisterte Schlichter-Leserin, hat sich für ihren Calw-Aufenthalt viel Arbeit vorgenommen.
Momentan arbeitet sich an einer „panoramaartigen“ Beleuchtung der Einzelschicksale einiger jener 18 000 Juden, die 1938 nach Shanghai geflohen waren. „Da wird mir die Ruhe in Calw sicher gut tun.“ Überhaupt habe sie sich viel mit Emigration befasst und folglich auch mit dem großartigen Engagement Hermann Hesses, der auf seine Weise Vielen geholfen habe.
„Mit Gedichten“, so merkte die Poetin beim Empfang im Sparkassen-Casino an, „kann man praktisch kein Geld verdienen und auch theoretisch nicht.“ Um anschließend zwölf Verse aus ihrem Band „Szenen aus dem harten Kern“ vorzutragen.
Egbert Hans Müller, Vorsitzender der Findungskommission, führte in Leben und Werk der Germanistin, Theaterwissenschaftlerin und Kunsthistorikerin ein. 1974 debütierte die gebürtige Triererin, die zuvor auch als Dramaturgin arbeitete, mit dem Theaterstück „Erika“. Seitdem hat Ursula Krechel zahlreiche Gedichtbände, Prosa, Essays, Theaterstücke und Hörspiele – zuletzt „Meine Stimme ist mit dem Fischen geschwommen“ für den SWR – veröffentlicht. Für ihr Gesamtwerk hat die neue Hesse-Stipendiatin 1997 den renommierten Elisabeth-Langgässer-Preis erhalten.
Weitere bedeutende Auszeichnungen waren: 1981 das Stipendium „Auswärtige Künstler zu Gast in Hamburg“, 1984 „writer-in-residence an der University Warwick/England, 1985 Stipendium der deutschen Länder in der Casa Baldi Olevano Romano. 1989/90 Wiener Poetik-Vorlesungen, 1991 writer-in-residence an der Washington-University St. Louis/USA, 1993/94 poet-in-residence an der Universität Essen, 1997/98 und 1999 Gastprofessur am Deutschen Literarischen Colloquium Berlin. 2002 Escriptora convidada in Barcelona, 2005 Gastprofessur an der Universität der Künste in Berlin.
„Mir scheint bemerkenswert die offensichtlich pädagogische Ader“, spielte Egbert-Hans Müller auf Krechels Arbeit mit jugendlichen Sprachgefangenen an. Auch ihr „Handbuch für alle, die schreiben wollen“ passe in dieses Bild. Ihr Interesse an der Lage der Frau habe sich inzwischen auf das Interesse an der Lage der Menschen allgemein ausgedehnt. Heute spüre sie in Essays vergessenen weiblichen Kulturleistungen nach. Über den 2005 bei Jung und Jung (Salzburg) erschienenen Gedichtband „Stimmen aus dem harten Kern schreibt Angelika Overath in der Neuen Zürcher Zeitung: „Krechel arbeitet als unerbittliche Strategin der treffenden Silben mit rücksichtloser Präzision. – „Ihre Verse sind auch da, wo sie still und schön sind, weit weg von jedem gefühlig Beliebigen. Und da, wo Krechel die Grammatik bricht, wo sie kühne Fügungen setzt, arbeitet sie jenseits unverbindlicher Artistik. Sie zwingt die Worte in die Genauigkeit.“
Auch ihr 2006 erschienener Gedichtband „Mittelwärts“ erfuhr begeisterte Kritiken. „Ursula Krechels Bilder sind oft von einer Schönheit, die in der gegenwärtigen Lyrik ihresgleichen sucht“, attestiert Alexander von Bormann vom Sender Freies Berlin. Und Michael Braun urteilt in der Stuttgarter Zeitung: „Fesselnder, verstörender, konzentrierter, formstrenger hat sie nie geschrieben.“