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Literatur

“Damit das Mögliche entsteht, muss immer wieder das Unmögliche versucht werden.”

Hermann Hesse

Hermann Hesse. Foto Martin Hesse © Martin Hesse Erben
Martin Hesse Erben

Hermann Hesse ist heute neben Thomas Mann und Stefan Zweig der weltweit meist gelesene deutschsprachige Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. Seine Bücher sind in mehr als 60 Sprachen übersetzt und rund um den Globus in etwa 150 Millionen Exemplaren verbreitet. Nur knapp ein Sechstel davon entfällt auf die deutschsprachigen Ausgaben.
Geboren wurde der Dichter 1877 als Nachkomme evangelischer Indienmissionare im schwäbischen Calw. Dort, aber auch in Basel, Maulbronn und Tübingen ist er aufgewachsen und hat in zahlreichen Erzählungen das unverwechselbar alemannische und weltoffene Ambiente seiner Herkunft überliefert. Mit ersten Romanen wie Peter Camenzind und Unterm Rad erzielte er frühe Erfolge. Noch größeres Echo fanden die nach dem Ersten Weltkrieg veröffentlichten Werke wie Demian, Siddhartha, Der Steppenwolf, Narziß und Goldmund, Die Morgenlandfahrt sowie sein 1946 mit dem Nobelpreis ausgezeichnetes pädagogisches Alterswerk Das Glasperlenspiel. 1962 ist er in seiner Tessiner Wahlheimat Montagnola gestorben.

Bereits 1912 hatte der Dichter das militante Deutschland Kaiser Wilhelms II. verlassen und von Bern aus die deutsche Politik zunehmend kritisch verfolgt und bekämpft. Im Ersten Weltkrieg gründete er die Berner Kriegsgefangenfürsorge-Zentrale und wurde von 1933 – 1945 zu einer Anlaufstelle für unzählige Emigranten. Doch erst zwei Jahre nach dem Tod des Dichters ist es zu jener in der Geschichte der deutschen Literatur einzigartigen weltweiten Verbreitung seiner Werke gekommen.

Ausgelöst wurde sie im Verlauf des Vietnamkrieges in den USA, wo Hesse zu einer Identifikationsfigur der gegen diesen Krieg rebellierenden Jugendbewegung wurde. Unter Berufung auf seinen Pazifismus verbrannte man Wehrpässe und Einberufungsbefehle und schaffte es als “Flower-Power”- Bewegung mit Devisen wie “Make love, not war!”, dass 1973 mit dem militärischen Rückzug der USA dort auch die allgemeine Wehrpflicht abgeschafft wurde. Ausgehend von der millionenfachen Verbreitung seiner Bücher in der amerikanischen Jugend und der Popularisierung des in Hesses Werken aktualisierten asiatischen Gedankengutes setzte nun auch in vielen anderen Ländern eine Renaissance dieses Autors ein, die bis in die Gegenwart anhält. Die Überwindung des Eurozentrismus und Hesses Ansporn zu einem selbstbestimmten Leben im Widerstand gegen obrigkeitshörige Anpassung und ideologische Patentrezepte erklärt seine Anziehungskraft auf immer neue Generationen. Der zunehmenden Desorientierung setzt er ein Weltbild entgegen, in welchem sich Tradition und Moderne, Ethik und Ästhetik auf zukunftsorientierte Weise verbinden.

2005 konnte die erste Gesamtausgabe der Werke des Dichters abgeschlossen werden, die in 20 Bänden etwa 14000 Seiten umfasst und erstmals auch alle seine vordem in Zeitungen und Zeitschriften veröffentlichten politischen Schriften und Empfehlungen guter Bücher enthält. Damit ist nun auch die Voraussetzung zu einer ganz neuen akademischen Beschäftigung mit diesem Autor geschaffen.

Zitat der Woche

„Oft ist die Welt schlecht gescholten worden, weil der, der sie schalt, schlecht geschlafen oder zu viel gegessen hatte.“

Aus Hermann Hesses Essay „Zarathustras Wiederkehr“, 1919