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Hesse-Sammlung Martin Pfeifer

Das "Pfeifer-Archiv" in der Sparkasse in Calw
SPK

Rund 5.000 Werke zählt die im Obergeschoss der Calwer Sparkasse untergebrachte weltbekannte „Hesse-Sammlung Martin Pfeifer“. Der Mitbegründer der Internationalen Hesse-Kolloquien in Calw hatte die Archivalien seit 1948 zusammengetragen.

Pfeifers Arbeitsbibliothek, die von der damaligen Kreissparkasse Calw (heute Sparkasse Pforzheim Calw) nach dem Tod des Sammlers 1994 erworben wurde, enthält neben Büchern – darunter viele Erstausgaben – weitere bibliophile Kostbarkeiten wie Privatdrucke, Gedichte und Briefabschriften. Hinzu kommen eine Fülle von Notizen und Sekundärliteratur sowie Bibliographien. Martin Pfeifers dreibändige internationale Rezeptionsgeschichte Hermann Hesses weltweite Wirkung und sein „Hesse-Kommentar zu sämtlichen Werken“ sind in der Sammlung ebenfalls vorhanden.

Seit Mitte März 2005 bereichern zusätzliche 400 von 550 Erstausgaben die Hesse-Sammlung der Sparkasse: Die Sammlung des Ehepaars Hübl aus Hannover ergänzt die Sammlung Martin Pfeifer zur einmaligen, derzeit wohl umfangreichsten und bedeutendsten Hesse-Kollektion. Der damalige Sparkassendirektor Jürgen Teufel konnte die Hübl-Sammlung im Herbst 2004 nach kurzen Verhandlungen für das Pfeifer-Archiv in der Hesse-Stadt sichern.

“Wir hatten mehrere Angebote von Auktionshäusern; bei einer Auktion wäre aber die Sammlung zerrissen worden, was wir auf keinen Fall wollten. Als wir von der Sparkassen-Stiftung in Calw erfuhren, hielten wir es für eine gute Idee, unsere Sammlung hierher zu geben, an den Ort, wo Hesse 1877 geboren wurde.” So begründeten die Hesse-Sammler Prof. Dr. Lothar Hübl und Dr. Ulla Hübl ihre Entscheidung, das Archiv der Calwer Hermann-Hesse-Stiftung in der Sparkasse zu bereichern. Hier bleibt die Sammlung zusammen und ist für wissenschaftliche Arbeiten und Interessierte zugänglich.

Die Sammlung könne “so heute wohl nicht mehr zusammengetragen werden”, sagte Prof. Lothar Hübl. Schweren Herzens hätten er und seine Frau sich nun von der umfangreichen Bibliothek getrennt: “Wir stießen einfach an die Grenze des Sammelns.” Immer mühsamer bzw. unerschwinglicher sei es geworden, noch fehlende Exemplare zu bekommen. “Nachdem wir sie jetzt in neuer Umgebung gesehen haben sind wir aber froh und glücklich, sie hier in guten Händen zu wissen und dass vor allem zusammengeblieben ist, was wir in zweieinhalb Jahrzehnten zusammengetragen haben”, freute sich das Sammlerehepaar.

Auslösendes Erlebnis für den Sammelbeginn war vor 25 Jahren ein Besuch im Antiquariat Carl Wegner in Berlin gewesen. Lothar und Ulla Hübl stießen auf den “Giftschrank” des Antiquars und bekamen einige Erstausgaben von Hermann Hesse gezeigt. Darunter das “Bilderbuch” aus den 1926 erschienenen Gesammelten Werken und Franz Masereels “Geschichte ohne Worte” in 60 Holzschnitten, für die Hesse ein Nachwort geschrieben hatte. “Damit nahm das Verhängnis seinen Lauf – wir waren infiziert – und der Stachel saß tief!”, erinnert sich Prof. Hübl schmunzelnd.

Nach typischen Anfängerfehlern – zu schnell, zu teuer, zu unkritisch gekauft – entwickelten beide jedoch das nötige Gespür und stöberten Erstausgaben in halb Europa, aber auch in Israel und den USA auf. Heute sei das Sammeln durch das Internet zwar einfacher, habe aber auch an Zauber verloren. Denn beim Besuch ungezählter Antiquariate, deren beste, aber auch teuerste in der Schweiz zu finden seien, hat das Sammlerehepaar aus Hannover “sehr eigenwillige, aber nie langweilige Leute” kennen gelernt.

Die Sammlung der Hermann-Hesse-Stiftung in der Sparkasse in Calw wird betreut von dem renommierten Hesse-Experten Herbert Schnierle-Lutz. Auch er verlieh seiner Freude über den neuen Schatz des Pfeifer-Archivs Ausdruck: “Das sind die Bücher, vor denen Hesse auch stand!”

Die Lagerung der Exponate zu ganzjährig gleichbleibenden klimatischen Bedingungen machte eine technisch aufwendige Anlage erforderlich.

Die weltweit wohl einmalige Hesse-Sammlung im Pfeifer Archiv ist auf Anfrage zu Forschungszwecken zugänglich.

Zitat der Woche

„Oft ist die Welt schlecht gescholten worden, weil der, der sie schalt, schlecht geschlafen oder zu viel gegessen hatte.“

Aus Hermann Hesses Essay „Zarathustras Wiederkehr“, 1919